Alexandra Trencséni // Übersicht // Emlék /

Emlék

 

Was geschah mit Piroschka ?

Das 1. Buch (»Ich denke oft an Piroschka«) beginnt damit, wie sich der Erzähler, 53 Jahre, bei einer Zugfahrt zurücklehnt und sich an Piroschka erinnert. Zu diesem Zeitpunkt muss Piroschka bereits 48 Jahre alt sein. Der Film endet damit, dass sie sich trennen müssen und der junge Andreas zurück in seine Heimat fährt, nach Deutschland. Sie haben sich 1932 kennengelernt und 1933 getrennt. Was ist geschehen seither ? Die Filmemacher sind sich nicht sicher. Er jedenfalls ist vermutlich jener später bis zu Unkenntlichkeit verbrannte Graf Andrashi, den die englische Krankenschwester pflegt in »Der englische Patient«. Oder ist es nicht vielmehr so, dass er der Spion ist, der in England spionieren soll und abstürzt ? Wann hat Piroschka den Kontakt zu ihm aufgenommen ? Was wird aus ihr ? Wir vermuten, dass sie durch die Umstände in einer ungarischen Munitionsfabrik eine Stelle bekommt. Dort wird ihr wegen ungebührlichen Verhaltens und unmässiger Kollegialität gekündigt. Sie stiehlt Schokolade und flüchtet nach Deutschland. Auf dem Weg zu Andreas (Suche) gerät sie in das nobelste Villenviertel Münchens. Sie kann kaum mehr weiter. Voller Verzweiflung versucht sie die letzten Meter zu rennen. Da fährt ein schwarzer Mercedes aus einer Villeneinfahrt heraus und sie stürzt gegen den Wagen. Wie geht es weiter ?

 

Vorläufige Liste von Interviewpartnern für »Emlék«:
Stand 2002


Rita Bakos: Exilungarin, Künstlerin, Rosen Gallery N.Y.


Ildikó Blattmann: Budapester Künstlerin, liest ungarisch, deutsch, englisch und interessiert sich für Textwiedergaben in Bildform.


Miklós Beltashi: organisiert das internationale Wettangeln der ungarischen Konzeptualisten und Dadaisten (unter Ausschluss der Öffentlichkeit; eine jährliche Veranstaltung an einem fast ausgetrockneten See). (Hinweis: G. Winter)


Ákós Birkas: Seine Mutter ist Opernsängerin und beide stossen auf Reisen ständig auf sprachliche Differenzwelten.


Christine Viragh: Übersetzt vom Ungarischen ins Deutsche. Sie bezweifelt, dass das Ungarische als Sprache unmöglich sei und denkt über Synthetik und Artikuliertheit nach. (»Zwillinge«, »Überleben«).


Prof. Gyula László: Profiliertester, ältester (85 Jahre) und zurückhaltenster Vertreter derjenigen Gruppe, die Beweise für eine Verwandtschaft des Ungarischen mit türkischen und/oder uigurischen (China/Japan) oder auch sumerischen (Mesopotamien) Ursprüngen geliefert hat, und somit der offiziellen Lehrmeinung von einer ugrischen Sprachfamilie (finnisch/ungarisch) wiederspricht.


Prof Kiszely: Er forscht ebenfalls in diese Richtung, die wesentlich weniger Lehrstühle hat (etwas jünger, nicht weniger kompetent als Prof. László, bevorzugt aber dramatischere Darstellungen). Beide sind keine Sprachwissenschaftler, sondern Historiker und hervorragende Kenner der Geschichte der Landnahme der Ungarn (ab 600 n. Chr.)

(Interessant sind an diesem lang geführten Streit, ausser den Positionen selbst, natürlich auch die dabei letztlich nur unterirdisch verhandelten Fragen der Selbstverortung und Idenditätsstiftung, die selber Geschichte abbilden.)


Zoltan Szegedy-Maszak: Künstler und Programmierer. Er hat mit Gustav Heinrich am Medieninstitut Budapest an einem Projekt über Codes und Sprache gearbeitet. Er verfolgt z. Zt. ein eigenes Projekt, Emails in dreidimensionale Formen am Bildschirm umzusetzen.


Simon Roberts: Assistent und Ehemann der Übersetzerin der ersten vollständigen ungarischen Ausgabe von »1001 Nacht« aus dem Arabischen (sie ist am Ende ihrer 25-jährigen Arbeit verstorben, er betreut die entgültige Publikation). Abgesehen davon, dass es kein einzelnes Ursprungsoriginal von »1001 Nacht« gibt, aber im 19. Jh. im englisch-französischsprachigen Raum erfindungsreiche extensive Übersetzungen angefertigt wurden, existieren im Arabischen für ein einzelnes Wort bis zu 40 Bedeutungen. Gelegentlich haben sie eine nachbarschaftliche Nähe (zum Beispiel kann das arabische »Bab« Tür, Tor oder Kapitel bedeuten), viel öfter aber sind sie vollkommen disparat und nur im Kontext zu erschliessen. (Navigation).


Lajos Trencséni: Ein Onkel. Er kann viel über seinen Bruder Jószef Trencséni berichten, der im Alter von 15 Jahren einen Herzinfarkt erlitt, weil die katholische Kirche seine Berufung nicht anerkennen wollte. Die Kirche hat sich daraufhin noch einmal besonnen und eine Berufung doch für möglich gehalten. Er hat dann im kommunistischen Ungarn eine Landpfarrei übernommen, und die diskrete Wiedereinführung des Ablass durchgesetzt. Die Bauern, die das Silber und sonstige Mobiliar dem durch Krieg und Russenverfolgung verarmten Adel gegen Naturalien abgekauft hatten, mochten meinen Onkel und fanden es in Ordnung, ihre Absolution durch eine zusätzliche kleine freiwillige Art von Gabe noch zu bestärken. Mein Onkel, der jedes zweite Jahr in seinen Ferien nach England fuhr um dort die Kronjuwelen zu besichtigen, und im übrigen sämtliche deutschsprachigen Blätter über das Königshaus abonniert hatte und ein Mann von grosser Bildung und mit ausgeprägtem Sinn für Stil war, lebte zu dem Zeitpunkt als ich 8 oder 9 Jahre alt war, und ihn mit meinen Eltern auf dem Land besuchte, dort genauso wie die Familie Buddenbrock in der 1. Generation.


(»Emlék« wird sich insgesamt bei den Interviews mit familiären Anekdoten sehr zurückhalten, aber gleichzeitig einige als verschwiegene Muster, von den Innenseiten der Mäntel sozusagen, zu integrieren suchen; allerdings ohne besondere Betonung der eigenen Familie).


Peter Rács: Übersetzer, der nur vom Deutschen ins Ungarische übersetzt. (Rács heisst »Gitter«).


Dr. Ziegler: Leitet das Lautarchiv der Humboldt-Universität. Es wurde von Wilhelm Doegen begründet. Sein Traum war ein »Stimmenmuseum der Völker«. Der Grundstock für die Sammlung wurde im 1. Weltkrieg gelegt, als Doegen die Möglichkeit erhielt, die Stimmen Kriegsgefangener in Deutschland aufzuzeichnen.


Dezsö Tandori: ungarischer Autor, der seit mehreren Jahren mit zwei Spatzen in der Wohnung lebt und zunehmend nur noch über diese schreibt. Gespräch mit ihm über Vogelsprachen. (Unter Einbeziehung von Erkenntnissen aus Kapitel 4 meines Buches »Der Vogelzug«: »Die vierte Unterrichtsaufgabe: Akzente, Imitationen, Transkription: Der Eingang der Vögel ins Ohr«).


Eberhard Hermann: Teppichübersetzer aus Emmeten, Kanton Niewalden, Schweiz. Hermann wurde bekannt, als ihn seine Frau entmündigen lassen wollte aufgrund seines Insistierens, Ornamente orientalischer Teppiche ins Deutsche zu übersetzen. Es ist ihr aber nicht gelungen. Gespräch mit Hermann zu Fragen der Übersetzung, unter anderem über die Teppichbordüren der Teppiche auf der Couch von Siegmund Freud.


Friedrich Lemmes: Hobbyornithologe, der seinerseits (vor etwa 15 Jahren) die präzise Landung der Zugvögel etwa 10 m von der rumänischen Grenze auf der ungarischen Seite beobachtet hat.

 

 

 

© Alexadra Trencséni ­ all rights reserved